12.01.10

Radicchio und seine Vorurteile


Radicchio liest man Radikkio, für solche die der italienischen Sprache nicht mächtig sind. Mir ist erst während meiner Zeit mit Horst Lichter bei der Küchenschlacht bewusst geworden, dass jemand auch Raditscho sagen könnte. Er wollte es mir ja fast nicht glauben, aber wie ich neulich von jemanden gehört habe, soll er sich bekehrt haben. Erst diesen Winter hat mir jemand aus der Gegend, in der der Radicchio wächst, erzählt, dass man im Dialekt im Veneto Raditscho sagt ;)
Wir waren im Herbst einmal in dieser Gegend, mit den Fahrrädern unterwegs. Genauer gesagt in Comacchio. Das ist der Hauptort im Po-Delta. Wenn jemand glaubt das Po-Delta sei eine schmutzige, stinkende Kloake, da es ein Delta von einem großen Fluß ist, täuscht sich gewaltig.
Es ist ein riesiges Biotop in dem hunderte Vögel nisten und eine traumhafte Landschaft. Natürlich waren im Herbst viele Vögel schon in den Süden geflogen, denn auch hier kann es im Winter ganz schön kalt werden. Comacchio erinnert an Venedig, denn auch hier gibt es Wasserstrassen.
Gegessen haben wir fantastisch, natürlich mit Zutaten aus dieser Gegend.

Radicchio ist nicht gleich Radicchio und man ist allgemein der Meinung, er sei sehr bitter. Deshalb heute eine kleine Warenkunde. Im Bild sind drei verschiedene Radicchio zu sehen. Es gibt noch mehr, aber zum Kochen sind das die wichtigsten.
Die zwei kleinen Köpfe hinten links ist der Radicchio Rosso di Verona. Dieser ist immer nur so klein erhältlich und die Blätter liegen locker übereinander und ist nicht sehr bitter, überhaupt im gekochten Zustand nicht mehr.
Der längliche feste Kopf, hinten in der Mitte und der daneben mit den schwertförmigen Blättern, sind Brüder: sie heißen beide Rosso di Treviso. Der mit dem festen Kopf ist die frühe Ernte(precoce), der andere die Spätlese (tardivo). Der mit den lockeren Blättern, also auch die ganz vorne, der tardivo, ist der teuerste, da er eigendlich zweimal wachsen muss. Seine Mutterpflanze wird nach den ersten Frösten aus der Erde genommen und die Wurzel wird in Wannen nochmals zum Austreiben gebracht, deshalb ist hier die Wurzel sehr ausgeprägt. Er eignet sich für bestimmte Gerichte am Besten z.B zum Grillen, aber ist auch sonst der Nobelste von allen. Sein Bruder mit dem festen Kopf ist der Bitterste von diesen dreien. Kochen kann man natürlich mit allen dreien.
So jetzt endlich zu einem Rezept von diesem Salat, der eigentlich keiner ist, und zwar habe ich Crespelle gratinate al Radicchio gemacht, d.h. überbackene Radicchiopalatschinken:

Zutaten für 4 Personen:
Für die Palatschinken:
  • 180 g Mehl
  • 340 ml Milch
  • 3 Eier
  • 35 g Butter, zerlassen
  • 1 Prise Salz
  • Öl zum Backen
Für die Fülle:
  • 1/2 kg Radicchio (hier Rosso die Verona)
  • 1/4 Zwiebel
  • 100 g Gorgonzola, mild
  • Olivenöl
  • Salz
  • Pfeffer aus der Mühle
  • Parmesankäse gerieben
  • Butter, zerlassen
  1. Ich verrühre Mehl, Milch und Salz mit einem Schneebesen glatt und lasse diesen Vorteig 15 Minuten quellen, man würde nicht glauben, dass auch weißes Mehl quellen muss.
  2. Inzwischen wasche ich den Radicchio, zupfe allerdings nicht alle Blätter ab, sondern wasche ihn außen und halbiere ihn. Innen wasche ich ihn nochmals ein wenig. Dann schneide ich den Radicchio in feine Streifen. Die Zwiebel hacke ich fein.
  3. In einer Pfanne gebe ich Olivenöl und dünste den Zwiebel etwas an , dann kommt der Radicchio dazu. Ich lasse es solange kochen, bis alles weich ist, dann würze ich mit Salz und Pfeffer und nehme die Pfanne vom Herd. Jetzt gebe ich den von der Rinde befreiten Gorgonzola und mische ihn unter.
  4. Den Backofen schalte ich auf 200° Heißluft und buttere ein feuerfestes Geschirr aus.
  5. Die Eier zerschlage ich mit der nicht mehr heißen Butter und gebe sie unter das Mehl-Milchgemisch. Aber nicht mehr zu stark rühren, sonst werden die Crespelle zäh.
  6. Jetzt erhitze ich zuerst die Stahlpfanne und gebe erst dann einen Tropfen Öl hinein und verteile diesen mit meinem Silikonpinsel. Man würde nicht glauben, was das für einen Unterschied macht, aber so kleben mir die Palatschinken nie an, probiert es einmal.
  7. Ich lasse den Teig dünn einlaufen und backe mehrere Palatschinken, natürlich von beiden Seiten.
  8. Diese fülle ich allerdings jeweils schon in der Pfanne mit der Radicchio-Füllung und gebe sie nebeneinander in die feuerfeste Form.
  9. Ich streue noch ziemlich Parmesankäse darüber und bedecke alle Crespelle mit zerlassener Butter.
  10. Dann gebe ich das Geschirr in den Backofen und lasse sie überbacken, das müsste in 10-15 Minuten geschehen sein (ich habe noch nie auf die Uhr geguckt, eher in den Ofen).
Jetzt könnt ihr diese Spezialität genießen und wenn ich euch noch sage, dass man dem Radicchio nachsagt, dass er gegen den Alterungsprozess wirken soll, um so mehr. Was glaubt ihr, wieso wir soviel Radicchio essen?

Und hier noch ein Foto vom Radicchio-Risotto, aber den kennt ihr ja schon, oder?

5 Kommentare:

  1. endlich mal jemand, der die drei Sorten gleichzeitig vorstellt. Radicchio ist nicht gleich Radicchio.

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  2. ach magdalena, es ist immer wieder schön zu lesen, aus welcher regionalen Fülle du manchmal schöpfen kannst...
    danke für die warenkunde!

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  3. Das klingt ja gut! Muss ja ausprobieren. Danke für das Rezept. Toller Blog, weiter so!

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  4. Robert, es gibt eben von vieles mehr, als man glaubt und der Unterschied macht´s dann aus. Kommando M., gern geschehen und Sara, danke für den netten Zuspruch.

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  5. Das Radicchio-Risotto sehen sehr lecker.

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